Lieber Charly,
die Stadt Regensburg befragt alle möglichen Leute, ob die Autos aus der Innenstadt verbannt werden sollen. Wahrscheinlich werden Typen wie du, die am Wochenende aus deinem Kuhkaff in die Stadt kommen und dann ein bisschen die Sau rauslassen, diese Idee vorbehaltlos unterstützen, aber ich sehe das völlig anders. Pass mal gut auf:
Selbstverständlich gehören Autos in die Altstadt!
Warum?
München gibt es eine völlig seelenlose Fußgängerzone in der Innenstadt, die tagsüber eine Einkaufsmeile und Touristenstraße ist, und abends ein völlig leerer toter Raum. Rottenburg ob der Tauber ist ein Freilichtmuseum und keine Stadt, in der man leben will. Regensburg hat ein unglaubliches Leben auf de Straße, natürlich ist es für Anwohner nervig, wenn das sogenannte Partyvolk überall hinpinkelt, alles vollkotzt und eine Müllhalde hinterlässt.
Aber wenn die Innenstadt tagsüber den Touristen überlassen wird und abends und nachts eben diesem Partyvolk, dann bleibt kein Raum mehr für die eigentlichen Anwohner. Diese müssten immer Stellplätze für Autos haben, es ist eigentlich jetzt schon nicht mehr möglich, mit einer Familie und Kindern in der Altstadt zu leben, und von dort aus mobil zu sein. Einmal, weil die Wohnungen unbezahlbar sind und eben kein ordentliches Verkehrskonzept existiert, dass ein normales Leben in der Altstadt möglich macht.
Wenn Regensburg innen eine Fußgängerzone wird, dann werden die Bewohner ausgegrenzt, Metzgereien, Bäckereien und Lebensmittelläden werden durch Souvenirläden ersetzt, und auch Traditionsgaststätten werden sich an den Touristen orientieren und irgendeinen Fraß anbieten, Hauptsache, es gibt Bier.
Ich lebe seit 1996 in der Altstadt, mit Familie, und finde die Regelung, dass Autos, Lieferwägen, Radler und Fußgänger sich gemeinsam durch die Straßen bewegen, ein tolles Modell für Toleranz und Rücksicht. Natürlich gibt es die Radlerrambos, Bleifußfahrer, blind herum wackelnde Fußgänger, die als Gruppe die ganze Straßenbreite benötigen, Kampfmütter mit Turbokinderwägen, die mit der Mentalität von Rechtsüberholern Radler und Fußgänger lebensbedrohlich ansteuern und Lieferanten, die mit einem 40-Tonner das Kopfsteinpflaster auf dem Kohlenmarkt eindrücken. Alles ein Grund, sich zu ärgern.
Aber Unfälle gibt es fast nie, irgendwie klappt das besser, als auf der Frankenstraße.
Selbstverständlich sollen einige Straßen für Autos gesperrt sein, aber der Zugang mit Autos sollte schon bleiben.
Noch was: seit Corona gibt es jetzt mehr Freisitze, bei schönem Wetter erlebt man Regensburg mit einem unglaublichen Flair. Alles sitzt unter freiem Himmel, das ist bei schönem Wetter ein Traum. Aber, die Anwohnerparkplätze, die dabei verschwunden sind, werden mit Sicherheit nicht durch Freigabe des Emmeramplatzes kompensiert. Das geht auf Kosten der Altstadtbewohner.
Also, jetzt höre ich auf, weil ich nicht so viel über unsere tolle Stadt rumjammern will. Hoffentlich setzen sich nicht irgendwelche Betonschädel mit Radikallösungen durch.
Liebe Grüße, dein Miltsch